Fahrräder in Mietwohnungen
Bis zu 72 Millionen Fahrräder wollen in Deutschland sicher zu Hause untergebracht sein. Das stellt vor allem Mieter:innen vor Probleme: Wo dürfen ihre Fahrräder stehen – auf dem Hof, im Keller oder in der Wohnung?
Fahrradparken im Freien oder auf dem Hof
Ohne eine besondere Regelung im Mietvertrag oder eine spätere Gestattung haben Mieter:innen im Allgemeinen keine Mitbenutzungsrechte am Hof eines Mietshauses. Das gilt auch für das Fahrradparken (AG Berlin-Charlottenburg, Az. 17 C 230/81).
Aber aus einer ständigen, nicht beanstandeten Benutzung oder aus installierten Fahrradständern kann sich ein vertragsgemäßes Recht ergeben. Dafür darf ohne Regelung im Mietvertrag keine monatliche „Gebühr“ verlangt werden (AG Berlin-Schöneberg, 19 C 532/98).
Hochwertiges Fahrrad entsorgt
Ein Berliner Vermieter ließ durch eine Fremdfirma neben anderen ein hochwertiges Fahrrad wegräumen. Die beauftragte Hausverwaltung hatte angekündigt, nicht gekennzeichnete Räder am 1. März 2018 zu entfernen. Der Mieter nahm drei Wochen nach diesem Termin die selbst angebrachte Beschriftung wieder ab, weil er die Aktion für erledigt hielt. Kurz danach verschwand sein Rad – zu der Zeit, als die beauftragte Entsorgungsfirma verspätet ihrer Tätigkeit nachkam.
Daraufhin verlangte der Mieter vom Vermieter 1.270 Euro Schadensersatz und erhielt vom AG Berlin-Mitte Recht. Der Vermieter müsse sich das Verhalten von Hausverwaltung und Entsorgungsbetrieb zurechnen lassen und in Obhut genommene Gegenstände unversehrt zurückgeben (AG Berlin-Mitte, 20 C 206/21).
Diese rechtlichen Grundsätze wandte auch ein weiteres Berliner Amtsgericht an: In seinem Fall hatte eine Entrümpelungsfirma zwei ordnungsgemäß abgeschlossene und funktionstüchtige Fahrräder aufgeladen. Die beiden betroffenen Mieter:innen trafen am angekündigten Tag der „Entrümpelung herrenloser Fahrräder“ den abfahrbereiten Lkw noch an, die Rückgabe der Räder wurde ihnen aber unter Hinweis auf die Hausverwaltung verweigert.
Nach erfolglosen Nachfragen und Mahnungen kauften sie gleichwertige Ersatzfahrräder und verklagten die Vermieterin auf Schadensersatz. Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung (AG Tempelhof-Kreuzberg, 23 C 9/12).
Fahrradparken im gemeinsamen Abstellraum oder Fahrradkeller
Wie viele Stellplätze je Wohnung in einem Gemeinschaftsraum verlangt werden können, sollte sich möglichst aus dem Mietvertrag ergeben. Ohne vertragliche Regelung ist der Verteilungsschlüssel bei knappem Platz ungeklärt und Ärger vorprogrammiert.
Höchstrichterlich ist dagegen über die Mietminderung nach dem Rückbau eines Fahrradkellers von 49 Quadratmetern auf sieben Quadratmeter entschieden worden. Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass wegen der erheblichen Verkleinerung auch bei einem bloßen Mitbenutzungsrecht 4,8 Prozent weniger Miete gerechtfertigt sind (BGH, VIII ZR 51/2020).
Erreichbarkeit des Fahrradraums wird nicht so hoch bewertet
Weniger wichtig erscheint dem LG Berlin die Erreichbarkeit eines Fahrradraums: Das wohnwertmindernde Merkmal „keine Fahrradabstellmöglichkeit“ des Berliner Mietspiegels sei bei einem, nur über eine Treppe zugänglichen, Fahrradabstellraum nicht gegeben (LG Berlin, 63 S 335/15).
Fahrradparken im eigenen Keller oder in der Wohnung
Eine Mieterin aus Münster bewahrte ihr Rennrad entgegen der Hausordnung im eigenen Kellerabteil auf, weil es nicht in die Fahrradständer im Gemeinschaftskeller passte und weil ihr die Gefahr eines Diebstahls zu groß erschien. Das Amtsgericht gab ihr Recht (AG Münster, Az. 7 C 127/93). Das Landgericht Berlin beurteilte ebenfalls vor 30 Jahren die Aufbewahrung in der Mietwohnung als zulässig (LG Berlin, Az. 62 S 294/89).
Anders sah es das LG München 2017: Nachdem es zu Verschmutzungen und Beschädigungen von Treppenhaus und Aufzug gekommen war, verbot eine Änderung der Hausordnung den Transport von Fahrrädern in die Wohnungen und verwies auf Fahrradabstellraum, Tiefgaragenstellplatz oder Kellerabteil.
Münchener und Hamburger Gerichte entscheiden unterschiedlich
Dagegen wandte sich ein Wohnungseigentümer: Wegen früherer Diebstähle im Fahrradraum müsse sein 3.000 Euro teures Fahrrad in der Wohnung erlaubt sein. Die Münchener Richter:innen hielten – im Unterschied zu Rollstühlen, Kinderwagen oder Rollatoren – eine Nutzung des Fahrrads in der Wohnung nicht für üblich. Das Verbot verstoße deshalb nicht gegen Einschränkung des Eigentums und der Wohnungsnutzung vor (LG München I, 36 S 3100/17 WEG).
Das AG Hamburg-Altona bestätigte 2019 dagegen die ältere Rechtsprechung: Es liege kein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache vor, denn das Abstellen von Rädern gehöre zum allgemeinen Gebrauch einer Mietwohnung. Gerade in Großstädten seien teure Fahrräder in der Wohnung üblich.
Die Beschädigungen im Treppenhaus seien zwar nicht erlaubt, dies mache den Fahrradtransport in das zweite Obergeschoss an sich aber noch nicht rechtswidrig (AG Hamburg-Altona, 318c C 1/19).
Mieter:innen müssen für Schäden haften
Ein im Mietvertrag vereinbarter Ausschluss von Fahrrädern ist für Mieter:innen schwerer anzufechten als eine Hausordnung, die nicht immer wirksam in den Vertrag einbezogen ist, oder ein nachträgliches einseitiges Verbot. Für die Beschädigung von Wänden, Türen und Geländern durch den Transport des Fahrrads müssen Mieter:innen grundsätzlich haften.
Bei erlaubter Benutzung ist entscheidend, ob die „Schäden“ noch zum vertragsgemäßen Gebrauch gehören. Reifenspuren auf dem Boden können unter die allgemeine Treppenhausreinigung fallen. Im Kellergang, im Treppenhaus oder im Hausflur dürfen Räder nur mit Einwilligung des Vermieters untergebracht werden.
In der Regel enthält die Hausordnung ein Verbot des Abstellens von Gegenständen. Hier zeigen die Gerichte oft Verständnis für Kinderwagen, solange niemand behindert wird, aber nicht für Fahrräder (AG Berlin-Wedding, 8a C 45/85).
Roland Huhn, Referent Recht beim ADFC